Etwas über das Stillen...

Ich habe es ein paar Mal am Rande erwähnt, aber das Stillen ist definitiv einen eigenen Beitrag wert... Ich muss gestehen, dass ich mich vor der Geburt nicht wirklich damit auseinandergesetzt habe. Ich habe von meiner Mama ihr altes Stillbuch aus den 70ern bekommen (ein Klassiker von Hannah Lothrop), welches ich auch einmal durchgeblättert habe, aber wirklich Gedanken dazu habe ich mir nicht gemacht. Für mich stand von vorne herein fest, dass ich stillen will, egal ob Sectio oder nicht und so 'unbedarft' bin ich dann auch an die ganze Sache herangegangen...

Warum eigentlich stillen?
Eine Frage, die sich mir eigentlich nie stellte, da ich ja durchaus vom Stillen überzeugt war. Erste Verblüffung überkam mich dann, als ich bereits nach 8 Wochen gefragt wurde, ob ich denn noch stillen würde. Mittlerweile weiß ich, dass die meisten recht bald wieder abstillen. Hier gibt es eine recht aktuelle (2012) Studie zum Thema Stillen: Direkt nach der Geburt liegt die Stillquote bei 92%; nach 3 Monaten bei 74%; nach 6 Monaten bei 61% und nach 12 Monaten bei 28%. Wie gesagt, ich hatte mir keine großartigen Gedanken gemacht, ich hatte mir nur vorgenommen zwecks Allergieprävention auf jeden Fall 4 Monate voll zu stillen und dann eventuell noch bis einschließlich dem 7. Monat weiter zu stillen. Diese 6 Monate hielt ich zu dem Zeitpunkt für das 'normale' Stillen. Ich selbst habe keine Allergien oder Unverträglichkeiten (bis auf eine etwas empfindliche Haut), mein Mann hat(te) aber so ziemlich jede Allergie, die man nur kriegen kann (Asthma, Heuschnupfen, Allergie gegen Daunenfedern, usw.). Mittlerweile ist der Großteil zwar verwachsen, aber für unser Kind besteht dementsprechend natürlich ein höheres Risiko.
Diverse Studien haben gezeigt, dass Stillen in den ersten 4 Lebensmonaten das Allergierisiko deutlich reduziert, anschließend hat das Stillen keinen drastischen Effekt mehr auf die Allergieprävention. Aber es gibt Hinweise darauf, dass Beikosteinführung unter dem Schutz der Muttermilch einen positiven Effekt hat, ebenso wie das Risiko für bestimmte Krankheiten deutlich geringer ist (u.a. Hals- und Ohrenentzündungen, die Kleinkinder ja sehr häufig haben). Mittlerweile konnte man sogar bestätigen, dass auch an Hepatitis-C erkrankte Mütter stillen können, denn: »Nun bestätigten Forscher aus Hannover in einer Untersuchung erneut diese Empfehlung: Sie konnten nachweisen, dass Muttermilch in der Lage ist, die Hepatitis-C-Viren zu inaktivieren. Muttermilch wirkte dabei ähnlich stark wie ein Desinfektionsmittel.« [Quelle]
Nicht, dass ich an Hepatitis-C erkrankt wäre, aber ich wollte damit mal zeigen, was für ein Wundermittel Muttermilch eigentlich ist. Nein, ich gehöre nicht zu den Müttern, die mit Muttermilch backen (ja, die gibt es, kein Scherz) oder die das Zeug selber trinken (ist für mich fast ein bisschen so wie die eigene Spucke :D). Aber trotzdem darf man sich mal bewusst machen, was für eine geniale Erfindung der Natur die Muttermilch ist.
Darüber hinaus kann ich die Inhaltsstoffe durch meine eigene Ernährung beeinflussen und so die Schadstoffe möglichst gering halten bzw. gänzlich vermeiden (Koffein, Alkohol, ect.). Hinzu kommt, dass es für meinen Körper ebenso positiv ist: die Rückbildung der Gebärmutter wird unterstützt (besonders wichtig bei Sectio-Patientinnen), je nach Stilldauer wird das Risiko an Brustkrebs zu erkranken deutlich geringer und nachweislich wird der BMI einer stillenden Mutter nach(!) 3 Monaten gesenkt, was das ein oder andere Pölsterchen aus der Schwangerschaft verschwinden lässt. Kann ich übrigens selbst zu 100% bestätigen: die ersten 3 Monate habe ich nichts davon gemerkt und seit dem 4. Monat muss ich tatsächlich deutlich mehr essen, weil die Kilos wirklich nur so dahinschmelzen.
Viele weitere und vor allem ganz aktuelle Gründe kann man auch auf der Webseite des Europäischen Instituts für Stillen und Laktation finden: Klick 

Stillen nach Sectio?
Ich wusste, dass es nach einer Sectio oft zu Stillschwierigkeiten kommen kann, bereits das so wichtige erste Anlegen verzögert sich ja meistens. Für mich noch ein Grund definitiv keine Vollnarkose zu nehmen, um das Stillen nicht noch zusätzlich zu erschweren. In der Realität war es dann viiiiel einfacher als gedacht... Ich hatte die Little Miss auf dem Arm während wir vom OP-Saal in den Kreissaal gefahren wurden und  dort half mir dann eine Hebamme ganz in Ruhe beim ersten Anlegen (ich schätze die Little Miss war da in etwa eine halbe Stunde auf der Welt) und ging dann raus. Das heißt wir waren zu dritt im Raum und ich konnte sie ganz entspannt trinken lassen... Leider war sie nicht unbedingt das Traum-Stillbaby, aber das wusste ich da noch nicht. Es hätte mir bereits dämmern können als die Hebamme nach einer Stunde wiederkam und erstaunt feststellte, dass die Kleine immer noch trank - bereits auf der anderen Seite.
Wie bereits in meinem Plädoyer geschrieben, haben Sectiobabys eine andere Darmflora als vaginal geborene Babys, dazu gibt es u.a.  hier eine Studie, die besagt, dass die Darmflora durch das Stillen positiv verändert wird und diesen Nachteil ausgleichen kann.

Stillen als wichtige Bindungshilfe?
Beim Stillen (und übrigens auch beim Kuscheln und beim Orgasmus) wird Oxytocin ausgeschüttet, ein Hormon, das die Rückbildung positiv beeinflusst und den Körper dabei unterstützt in den 'Normalzustand' zurückzukehren. Als sogenanntes 'Kuschelhormon' beeinflusst es auch im positiven Sinn die Mutter-Kind-Bindung.
Warum also einen eigenen Unterpunkt zu dem Thema? Nun... ich habe meine Maus von der ersten Sekunde an abgöttisch geliebt, aber das Stillen habe ich ab dem zweiten Tag gehasst. :D Ja, ich könnte mich den verklärkten Romantikern anschließen und von einer rosa Blubberwelt schreiben, in der Mutter und Kind harmonisch ineinander verschmelzen und blablabla. Die Wahrheit ist: bei den meisten klappt das Stillen ohne Probleme. Bei manchen leider nicht. Und da gehörten wir dazu. Nach einem traumhaften Start wurde es immer holpriger und ich war zwischendurch am Ende meines Wissens.
Was war passiert? - Nun, ich habe ein ziemlich gieriges Baby bekommen. Was beim ersten Anlegen noch ganz süß war, wurde mit der Zeit sehr schmerzhaft. Sie wachte auf und hatte von einer Sekunde auf die andere Hunger und brüllte wie am Spieß, so dass ich irgendwann nicht mal mehr mein Krankenhaushemdchen hinten zuband, um so schnell wie möglich reagieren zu können. Beim Anlegen saugte sie dann mit allem was sie hatte, egal ob richtig angelegt oder nicht. (In meinem Stillbuch steht sinngemäß etwas wie: sollte das Kind nicht richtig angelegt sein, können Sie mit dem kleinen Finger vorsichtig das Vakuum lösen und das Kind erneut anlegen... - Toll, nach jedem Lösen saugte sie verzweifelter noch heftiger als zuvor.) Trotz richtigem Anlegen (in einem babyfreundlichen Krankenhaus hat man superliebe Schwestern und Hebammen, die einem das gern auch mehrmals zeigen, ist echt Gold wert!) hatte ich also innerhalb von wenigen Stunden wunde Brustwarzen. Zum Glück hatte ich eine Brustwarzensalbe in meine Kliniktasche eingepackt, die mir zunächst etwas Besserung verschaffte. Überall fand ich nur den Hinweis, dass man einfach weiterstillen soll, meist helfen Milch und Babyspucke die Warzen abheilen zu lassen. - Also Augen zu und durch.
Nach meiner Entlassung  half mir dann meine Nachsorge-Hebamme und brachte mir auch noch eine andere Salbe mit, weil meine Salbe irgendwann nichts mehr brachte. Was dann folgte kann ich mir heute nur noch mit Hormonrausch erklären und mit meinem eisernen Willen zu stillen. Die Little Miss kam im Schnitt alle zwei Stunden, manchmal öfter, manchmal seltener, was am Tag/Nacht 12 Stillmahlzeiten bedeuteten. Jedes Anlegen tat so weh, dass mir dabei Tränen in die Augen schossen und ich die ersten zwei Minuten die Zähne aufeinander biss, um nicht zu schreien und das arme Kind zu verschrecken. Mein Mann durfte in diesen zwei Minuten keinen Ton von sich geben, weil ich ihn sonst wirklich böse anfuhr... Ich stillte auf Anweisung meiner Hebamme wechselseitig, um jeder Brust eine etwa 4-stündige Pause und damit Zeit zur Erholung zu geben. Es wurde und wurde nicht besser. Trotzdem habe ich 4 Wochen durchgehalten.
Dann hatte sich eine offene Wunde an der Brustwarze gebildet (eine richtige Kerbe), die Schmerzen waren so stark, dass ich es nicht länger als 3-4 Sekunden ausgehalten habe und als Höhepunkt fing die offene Wunde auch noch zu eitern an. Da die Kleine definitiv keinen Eiter abbekommen sollte und ich sowieso kaum in der Lage war vor lauter Schmerzen zu stillen, hatte ich nur die Wahl zwischen Abpumpen oder Abstillen. Ein Blick auf mein 4-wöchiges Baby reichte aus, um es zumindest mal mit dem Abpumpen zu versuchen. Mein Mann, der das ganze Drama ja aus nächster Nähe verfolgt hatte, besorgte mir am nächsten Tag eine Handpumpe. Und auch wenn die Schmerzen nicht von heute auf morgen weg waren, so war es zumindest mal erträglich. Meine Brustwarzen haben übrigens 8 Wochen (die nicht offene 5 Wochen) gebraucht um zu verheilen und die Kerbe ist bis heute geblieben...So bin ich also zum Pump-Stillen gekommen. ;)

Pump-Stillen
Je nachdem wie man stillen möchte, muss man auch das Pumpen anpassen. Bei einem 4-wöchigen Säugling sollte jedoch nach Bedarf gestillt werden, sprich: so oft und so viel wie das Baby möchte. In den ersten Tagen war ich natürlich noch unerfahren und wusste nicht so recht, wie ich abpumpen muss. Ich habe dann den Fehler gemacht, immer erst kurz vor den 2 Stunden abzupumpen, um ihr so frische Milch wie nur möglich anzubieten. Leider ging das ein paar Mal zeitlich daneben, weil sie natürlich früher Hunger bekommen hat, ich aber noch nicht mit abpumpen fertig war. Dann kam ich endlich auf den Gedanken im Vorfeld die nächste Mahlzeit abzupumpen. Also sah das in der Ausführung so aus: die Maus hatte Hunger, bekam ihre Flasche und danach pumpte ich sofort die nächste Mahlzeit ab.
Der Erfolg vom Pump-Stillen ist eigentlich an nur eine einzige Sache gekoppelt: Disziplin. Es ist so verdammt verführerisch nachts um 3 zu sagen: Ach, das reicht noch für eine weitere Mahlzeit, ich geh nicht pumpen... Das ist der Anfang vom Ende. Nur wer nach dem Bedarf des Babys pumpt kann auch die benötigte Milchproduktion aktivieren und dann später steigern. Das bedeutet: man muss zu jeder Tag- und Nachtzeit pumpen. Ich habe von Beginn an beide Seiten so leer wie möglich gepumpt, damit sie auch die fetthaltige Hintermilch erhält und beim Pumpen immer die Seiten gewechselt, also z.B. rechts 5 Minuten, dann links 5 Minuten, dann nochmal rechts 3 Minuten und links 3 Minuten. Dieses wechselseitige Pumpen soll die Milchproduktion steigern. Andere Möglichkeiten werden auch hier beschrieben. Ich hatte eigentlich immer zuviel Milch und habe die ersten Wochen wahnsinnig viel weggeschüttet, erst jetzt im 6. Monat brauche ich tatsächlich die gesamte Milchmenge, die ich abpumpe.
Und ja, ihr lest richtig (werde das immer wieder gefragt, weil es wohl tatsächlich nur wenige Frauen gibt, die das länger als ein paar Wochen machen) ich pumpe immer noch. Ich habe drei Monate lang von Hand abgepumpt, danach konnte mein Mann das nächtliche Trauerspiel (Baby schläft, Frau geht 15-20 Minuten pumpen statt weiterzuschlafen) nicht mehr mitansehen und hat eine elektrische Pumpe besorgt (ich liebe sie, brauche nur noch 10-15 Minuten und habe eine Hand frei). Das heißt ich pumpe jetzt seit etwas mehr als 4 Monaten und auch wenn es mühselig ist (Füttern plus Pumpen dauert doppelt so lange wie nur Stillen), ist es einfach eine Angewohnheit geworden. Meine Vorstellungen und mein Wissen vom Stillen sind nun ganz anders und ich werde die Little Miss auf jeden Fall bis zum 13. Lebensmonat stillen. Danach möchte ich dann aufhören, zu den wirklichen Langzeit-Stillern werde ich also nicht gehören.

Stillprobleme
Die Zahl der stillenden Frauen bestätigt, dass mehr Frauen Probleme beim Stillen haben, als allgemein angenommen wird. Viele dieser Probleme lassen sich durch eine Stillberatung lösen, v.a. das richtige Anlegen. Gerade auch Frauen, die zufüttern, aus Angst zu wenig Milch zu haben, sollten sich vor dem Zufüttern lieber an jemanden mit einer professionellen Ausbildung wenden (und ja, Hebammen können zwar beim richtigen Anlegen helfen, aber eine ausgebildete Stillberaterin ist meist ein ganz anderes Level). Zufüttern führt meist früher zum Abstillen als gewünscht. Wer oft genug anlegt, steigert normalerweise die Milchproduktion ganz automatisch. Gleiches gilt auch für's Pumpen: wer oft genug pumpt, kann die Milchmenge ebenso steigern. Ich pumpe seit Dezember jeden Tag etwas über einen Liter ab.

Fläschchen versus Brust
Egal was die Hersteller uns verklickern wollen, natürlich geht nichts über das Saugen an der mütterlichen Brust. Da spielt es keine Rolle wie ähnlich die Sauger der Brustwarze nachempfunden ist, die Saugtechnik ist schließlich eine andere und auch was Zahn- und Kieferfreundlichkeit betrifft gibt es nichts, was an die menschliche Brustwarze herankommt. Wer die Möglichkeit hat, sollte stets die Brust bevorzugen. Wer das aus irgendwelchen Gründen nicht kann, den kann ich mit folgendem trösten:
Bindungstechnisch möchte ich nur soviel sagen: das Kind hat mehr von einer entspannten Mutter als von einer, die vor Schmerzen die Zähne aufeinanderbeißt... Und in unserem Fall hatte ich sogar dank des Abpumpens die Möglichkeit zu schlafen oder eben abzupumpen, während mein Mann die Kleine gefüttert hat. Für Männer ist es unglaublich toll, wenn auch sie dem Kind mal etwas zu Essen geben können. ;) Darüber hinaus hatten wir auch die Möglichkeit mal abends auszugehen, während die Großeltern auf die Little Miss aufgepasst haben und ich muss nicht überall meine Brüste auspacken (und schon gar nicht bei dem Wetter). Ebenso hat man die Möglichkeit, wenn man der klassischen deutschen B(r)eikosttheorie folgt, den Milch-Getreide-Brei mit Muttermilch anzurühren.

Hilfreiche Seiten:
Europäisches Institut für Stillen und Laktation 
La Leche Liga 
Still-Lexikon 

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