Ein Plädoyer für die selbstbestimmte Geburt

Ich habe lange, lange überlegt ob ich diesen Beitrag schreibe, da ich viele Diskussionen um dieses Thema miterlebt habe, die letztendlich in feindseligen Auseinandersetzung gegipfelt sind. Darum werde ich die Kommentare für diesen Post deaktivieren. Ich möchte hier nicht diskutieren, ich möchte allen Frauen Mut machen, die sich für diesen Weg entschieden haben.

Mein Körper gehört mir, ich muss mich vor niemandem rechtfertigen, ob ich ein Kind bekomme oder nicht. Genauso habe ich das Recht selbst zu bestimmen, auf welche Weise mein Kind auf die Welt kommt. Und in meinem Fall war das ein geplanter Kaiserschnitt.
Mein Körper, mein Baby, meine Entscheidung.

Warum also ein Plädoyer? Weil ich finde, dass jede Frau das Recht hat, so zu gebären, wie sie es wünscht. Kein anderer Mensch hat das Recht diese persönliche Entscheidung zu verurteilen. Eine selbstbestimmte Geburt kann demnach sowohl eine Hausgeburt, als auch ein Kaiserschnitt sein. Ich wünsche mir für alle Frauen, dass sie ihren Weg gehen können, ohne dafür schief angesehen oder verurteilt zu werden. Und um allen Frauen zu ermöglichen, eine solche Entscheidung treffen zu können, sollte es mehr Aufklärung über die Geburt geben. Also sprecht mit euren Frauenärzten, lasst euch über die Risiken von natürlichen Geburten und vom Kaiserschnitt aufklären. Setzt euch mit den Abläufen von klinischen Geburten auseinander, schaut euch Geburtshäuser und hebammengeleitete Kreissäle an. Lest Geburtsberichte, damit ihr wisst, was auf euch zukommt. Und hört auf, andere Frauen zu verurteilen, die sich für einen anderen Weg entschieden haben.

Vorab möchte ich sagen, dass meine »Traumgeburt« eine ambulante Wassergeburt gewesen wäre. Eigentlich so ziemlich das Gegenteil von einem geplanten Kaiserschnitt. Ich habe mich 6 Monate in das Thema Geburt eingelesen, habe Studien, Geburtsberichte, Klinikerfahrungen gelesen und tatsächlich auch die ein oder andere Pro und Contra Liste gemacht und zwei lange Gespräche mit meinem Frauenarzt und der Oberärztin in der Klinik geführt. Was ich damit meine ist: a) war das sicherlich keine leichtfertige Entscheidung und b) hatte ich am Ende das Gefühl, dass ich wirklich zu 100% wusste, wofür ich mich mit allem drum und dran entschieden habe. Die Reaktion war oft ein »Oh, du Arme«, wenn ich sagte, ich hatte einen Kaiserschnitt. Und bis heute macht mich das manchmal unglaublich wütend. Daher wollte ich mal meine persönliche Sicht der Dinge schildern.

1.) These: Der natürliche Weg ist der beste.
Fakt ist, dass die Natur sich mit dem Menschen sehr schwer getan hat. Unsere Babys kommen für Säugetiere extrem unreif auf die Welt, ein Umstand, den wir unserem riesigen Schädel und dem aufrechten Gang zu verdanken haben. Der natürliche Weg ist also der Zeitpunkt, an dem ein Baby gerade so außerhalb des Mutterleibs überleben kann (Stichwort: Lungenreife) und sein Schädel klein genug ist um durch das mütterliche Becken zu passen. Hier ist gibt es im Übrigen interessante Studien zum wachsenden Missverhältnis zwischen Kopf und Becken, die Thesen aufstellen wie »In 300 Jahren können nur noch ein Bruchteil der Frauen ihre Kinder auf natürlichem Weg gebären«. Im Grunde geht es darum, dass der Kopfumfang evolutionstechnisch deutlich größer geworden ist als das weibliche Becken. (Übrigens ein tolles Thema für einen Abend mit Gynäkologen ;) ) Der Weg der Natur ist folglich nicht automatisch der beste Weg, sondern der beste Weg, den die Natur gefunden hat. Liebe Sectio-Gegner, nach dieser Argumentation müsstet ihr euch Medikamenten, Herzschrittmachern und Sauerstofftherapien verweigern. Und ein Kaiserschnitt nur unter lebensnotwendigen Bedingungen? - Dann lasst auch bitte eure Brillen, Hörgeräte und Zahnprothesen liegen, denn sie alle sind nicht überlebenswichtig, sondern nur medizinische Annehmlichkeiten und nicht der vorbestimmte Weg der Natur.
Ebenso entscheidend ist, dass die natürliche Geburt heutzutage quasi gar nicht mehr existiert. Der sogenannte »natürliche Weg« verliert bei den über 90% Klinikgeburten eine ganze Menge an Natürlichkeit. Mein größter Albtraum war es, in eine solche automatisierte Klinikgeburt zu geraten. Im Geburtsvorbereitungskurs lernt man, dass man sich möglichst viel bewegen soll und verschiedene Gebärpositionen ausprobieren soll. Im Endeffekt finden die meisten Geburten im flachen Liegen statt - eine Position die zwar für die Geburtshelfer optimal ist, aber für die Frauen denkbar schlecht (Pressen ist in dieser Position nicht so effektiv und Geburtsverletzungen wie ein Steißbeinbruch werden begünstigt.) Die Geburt ist eine Ausnahmesituation und wer kommt schon auf die Idee nach stundenlangen Wehen mit dem Klinikpersonal über die Geburtsposition zu streiten? Die meisten Frauen, die ich kenne, haben unter der Geburt Wehenmittel verabreicht bekommen, die meisten ungefragt (!) und nur mit Bemerkungen wie »Damit es schneller/einfacher für Sie wird«. Viele vergessen dabei, dass die künstlichen Wehen meist stärker sind als die natürlichen, was oft zu einer PDA führt. Die PDA führt im Gegensatz dazu widerum häufig zum Nachlassen der Wehen bis hin zu Geburtsstillständen. - Ein erneutes Wehenmittel oder der Einsatz von operativen Methoden (Saugglocke, Zange) oder der Kristeller-Handgriff sind die Folge. Ebenso schwierig ist es zu entspannen (denn so funktioniert eine Geburt schließlich am Besten), wenn ständig das Personal wechselt und einem alle paar Stunden ein fremder Mensch vorgestellt wird, der dann auch noch (meist absolut unnötig!) eine vaginale Untersuchung macht und nach dem Muttermund schaut.
Eine Wassergeburt hingegen ist hilfreich um ohne große Anstrengung verschiedene Positionen auszuprobieren, lindert häufig die Schmerzen und führt durch das Lockern des Gewebes im warmen Wasser meist zu weniger Geburtsverletzungen. Leider ist vielen Frauen, die überzeugt von einer Wassergeburt sind, das warme Wasser unter den Wehen unangenehm, ebenso schnell kann es zu Komplikationen kommen, die eine Überwachung »an Land« erfordern. Man sollte sich daher nie auf eine Idee versteifen, da keiner den Ablauf einer Geburt vorhersehen kann. - Das gilt im Übrigen auch für den Kaiserschnitt, egal, wie ungern man einen haben möchte, es hilft sich damit auseinander zu setzen. Probleme mit dem Kaiserschnitt haben in der Regel vor allem die Frauen, die absolute gegen eine Sectio waren und dann einen Notkaiserschnitt bekamen... 
Quellen: EinsZwei 

2.) These: Die vaginale Geburt ist für das Kind besser.
Während des Geburtsvorgangs lastet auf dem Kind ein Druck von knapp 40 Kilo, dieser Druck ist so stark, dass sich die Schädelplatten des Kindes zusammenschieben (dafür sind sie ausgelegt, deswegen gibt es die Fontanelle), weshalb Kinder nach einer natürlichen Geburt häufig für eine kurze Zeit einen langgezogenen Kopf haben. Viele Kinder haben danach Verstauchungen und Verformungen von Wirbelsäule und Schädel, die zunächst nicht bermerkt werden, den Säuglingen aber durchaus große Schmerzen bereiten können (Stichwort: Säuglingsosteopathie). Am bekanntesten ist wohl das sogenannte KiSS-Syndrom. Darüber hinaus kann es zu weiteren Verletzungen kommen: Knochenbrüche (1-3% der Neugeborenen haben einen Schlüsselbeinbruch) sowie Nervenschäden (abgerissene oder stark gezerrte Nervenstränge im Schulter oder Gesichtsbereich) - häufig nach einer Schulterdystokie.  Nabelschnurumschlingungen und Nabelschnurknoten kommen viel häufiger vor als man denkt, weil sie in der Regel ohne Bedeutung sind. Wirklich bekannt ist eigentlich nur der viel unwahrscheinlichere Nabelschnurvorfall. Bei all diesen Nabelschnurkomplikationen sowie bei Geburtsstillständen kommt es häufig zur Hypoxie (Sauerstoffmangel), dessen Spätfolgen sich nur sehr schwer erforschen lassen. Meist werden nur die schweren Fälle von Sauerstoffmangel erwähnt, die etwa zu geistiger Behinderung geführt haben. Manche Wissenschaftler vermuten aber schon bei viel geringeren Fällen spätere Folgen wie Lern- und Konzentrationsschwierigkeiten.
Von den »normalen« Schürfwunden und blauen Flecken mal abgesehen kann es beim Einsatz von operativen Methoden (Saugglocke  - 5% der Geburten und Zange - 0,5% der Geburten) zu Schädelfrakturen, Hirnblutungen und Lähmungen kommen.
Dagegen lässt sich sagen, dass der Druck unter der Geburt dazu führt, dass das Fruchtwasser aus den Lungen des Kindes gepresst wird - ein Kaiserschnittkind muss dagegen direkt nach der Geburt abgesaugt werden. Früher wurden die meisten geplanten Kaiserschnitte um die 38. Schwangerschaftswoche angesetzt, was oft zu Atemproblemen bei den Neugeborenen führte (mangelnde Lungenreife). Mittlerweile werden die Kinder aber deutlich später geholt, einige Kliniken lassen sich sogar darauf ein zu warten, bis die Wehen einsetzen.
Ebenso wenig ist (hinreichend) erforscht inwieweit sich das Immunsystem des Kindes durch die natürliche Geburt stärken lässt, da es hierbei mit einer Vielzahl von Bakterien in Berührung kommt. Der Nachteil dieses Kontakts ist wiederum eine eventuell auftretende Bindehautentzündung des Kindes.
Bei einer Schnittgeburt liegen die Risiken für das Kind bei 0%, wie mir zwei Ärzte erklärt haben. Die einzige Komplikation ist eine eventuelle Verletzung des Kindes (Schürf- und Schnittwunden) bei der Öffnung der Gebärmutter. Da mittlerweile fast ausschließlich nach der Misgav-Ladach-Methode gearbeitet wird, bei der nur sehr wenig Schnitte mit dem Skalpell angesetzt werden und der Rest per Reißen und Dehnen der Haut durch die Hände der Ärzte erfolgt, ist diese Verletzung nahezu ausgeschlossen. Wichtig ist hier aber zwischen geplanter (primärer) Sectio und einer Notfall-Sectio zu unterscheiden! Bei der primären Sectio haben die Ärzte Zeit in Ruhe und Gelassenheit vorzugehen (das Kind ist nach 10-15 Minuten geboren), bei einem Notfall wie z.B. Hypoxie geht es um jede Sekunde, da wird nicht lange gefackelt, sondern radikal geschnitten, um das Leben des Säuglings zu retten. Ein eventueller Schnitt des Kindes ist in dieser Situation (eigentlich in keiner) sicher nicht schön, aber besser als eventuelle Schäden durch Sauerstoffmangel oder gar der Tod des Kindes. Ebenso wird eine solche Kindsverletzung wahrscheinlicher wenn der Kaiserschnitt unter Wehen erfolgt, für mich daher ein Grund nicht bis zu den Wehen zu warten, sondern nur so nah an den ET heranzugehen wie möglich.
Quellen: EinsZweiDreiVier / Fünf /


3.) These: Die vaginale Geburt ist für die Mutter besser. (v.a. Mobilität)
Um es vorweg zu nehmen: ja, natürlich ist man nach einer großen Bauch-OP (denn genau das ist eine Sectio!) nicht sehr mobil. Dank der heutigen, schonenden Operationsmethoden heilt die Wunde in der Regel deutlich schneller und die meisten Mütter können sich trotzdem um ihre Babys kümmern. Ich hatte meine Maus stets bei mir, sie lag zunächst im Beistellbett neben mir (ab der Hälfte der Nacht dann nur noch bei mir) und ich konnte sie so ohne Probleme stillen und mit ihr kuscheln. In der ersten Nacht (sie wurde mittags geholt) hat die Nachtschwester sie einmal zum wickeln mitgenommen, am nächsten Tag hat mein Mann das gemacht, in der zweiten Nacht habe ich das allein geschafft und am darauffolgenden Morgen bin ich mit ihr auf dem Arm nach Hause gegangen. D.h. in meinem Fall geht es hier um einmal wickeln.
Ich bin am selben Tag nach Hause gegangen wie meine Zimmernachbarin, die fünf  Tage vor mir (vaginal) entbunden hat. Das soll kein »Schwanzvergleich« sein, wer mehr aushält oder weniger, denn Heilungsprozesse und Schmerzempfindung sind nun einmal sehr individuell. Ich möchte nur darauf hinweisen, dass man nach einer Sectio a) durchaus in der Lage ist sich um sein Kind selbst zu kümmern und b) auch eine vaginale Geburt eine gewisse Heilung verlangt.
Auch wenn das sicher nicht zu meinen primären Gründen für den Kaiserschnitt zählt, so war ich dennoch froh eine genähte (Schnitt-)Wunde am Bauch zu haben, als Schnitt- und Risswunden im Vaginalbereich. Mich hat gerade in diesem Fall immer gestört, wie sehr das runtergespielt wird. In unserem Geburtsvorbereitungskurs wurde es zunächst auch nur so am Rande erwähnt (»Falls es eventuell unter bestimmten Umständen zu einer Dammverletzung kommen sollte...«), bis ich einfach mal gesagt habe, dass das bei 80% (!) der Erstgebärenden passiert. Dazu zählen nicht nur die »leichten« Dammrisse (Grad I und II), sondern auch Risse die bis zum/in den After gehen (Grad III-IV) sowie Dammschnitte, wenn sich bei operativen Methoden (Zange, Glocke) »großzügig« Platz verschafft werden muss. Niemand erzählt dir, dass es nicht nur um den Dammbereich geht, sondern dass es ebenso auch zu einem (hohen) Scheidenriss, einem Riss der Klitoris oder der Schamlippen sowie zu einem Steißbeinbruch kommen kann. Das alles sind Stellen an denen die Risse nicht nur äußerst schmerzhaft sind, sondern sich gern auch noch entzünden, schlecht verheilen und unter Umständen schmerzhaft vernarben. Ein Steißbeinbruch kann darüber hinaus auch nicht gerichtet oder sonst irgendwie versorgt werden, sondern muss so abheilen (= monatelange Schmerzen beim Sitzen). Kein Wunder wenn Frauen tagelang nicht laufen können und noch wochenlang auf einem aufblasbaren Schwimmreifen sitzen und sich mit Stuhlweichmachern eindecken. Und auch wenn vor der Geburt alle sagen, dass der Beckenboden schon unter der Schwangerschaft in Mitleidenschaft gezogen wird, dann wartet auf den Rückbildungskurs (bitte auch nach einer Sectio!), in dem euch die Hebammen endlich offen und ehrlich erzählen, was die natürliche Geburt mit diesem Muskel angestellt hat und was ihr jetzt noch tun könnt um der Inkontinenz im Alter entgegenzuwirken. Darüber hinaus kann es bei der Anwendung des umstrittenen Kristeller-Handgriffes zu vermehrten Dammrissen, Rippenbrüchen und schweren Verletzungen der Gebärmutter kommen. - Am Besten schreibt man vor einer Geburt in den Mutterpass, dass die Anwendung des Handgriffs nicht gestattet wird.
Das Männer-Märchen der ausgeleierten Vagina bringt mich, wie vermutlich die meisten anderen Frauen, einfach nur zum kotzen. Und Männer, die ihren Frauen aus diesem Grund einen Kaiserschnitt empfehlen gehört ordentlich der Kopf gewaschen. Aber Schmerzen beim Geschlechtsverkehr nach einer Geburt sind gar nicht selten, nur keiner traut sich darüber zu reden. Die Wunden und Nähte im Vaginalbereich brauchen eine gewisse Zeit zum heilen. Leider wird sehr oft schlampig genäht: dicke, schmerzhafte Narben oder sogar Narbenwucherungen sind die Folge, ebenso kommt es gar nicht selten dazu, dass die Frauen zu eng zugenäht werden.
Natürlich kann man eine tolle natürliche Geburt mit keinen bis wenig Verletzungen haben. Und man kann ambulant entbinden und entspannt danach nach Hause gehen. Aber niemand kann einem das im Vorfeld vorhersagen. Für Geburten gibt es keine Garantie, nur Wahrscheinlichkeiten. Und eine davon ist, dass 30% der Geburten Kaiserschnitte sind. Sogenannte Wunschkaiserschnitte liegen bei gerade mal 2-3%.
Quellen: EinsZwei / Drei


4.) Allgemeines zur Sectio; u.a. langfristige Folgen
Zunächst mal finde ich es wichtig zu unterscheiden, ob der Kaiserschnitt geplant oder ungeplant war. Eine Frau, die stundenlang in den Wehen lag und völlig demotiviert ist, weil die Geburt so ganz anders verlaufen ist, als sie es eigentlich geplant hatte, wird einen Kaiserschnitt ganz anders verkraften als jemand, der sich in Ruhe mental und körperlich darauf einstellen konnte...
Ebenso sollte man Müttern und Großmüttern erklären, wie sehr sich die heutigen Operationsverfahren von denen zu ihrer Zeit unterscheiden: gewebeschonendes Dehnen und Reißen statt Schneiden; risikoärmere Regionalanästhesie (Spinale oder PDA) statt Vollnarkose; frühere Mobilisierung zur verbesserten Wundheilung statt Bettlägerigkeit; Rooming-in oder sogar Familienzimmer, die es erlauben sich selbst um sein Baby zu kümmern.
Immer wieder tauchen im Internet Menschen mit Halbwissen auf, die behaupten, dass ein Kaiserschnitt beim Kind Allergien wie Asthma oder auch Diabetes begünstigen würde. Diese Annahme ist schlicht falsch, da diverse Studien falsch interpretiert wurden. Die erhöhte Asthmatiker- und Diabetikerrate bei Kaiserschnittkindern kommt daher, dass Asthma und Diabetes der Mutter häufig zu einem Kaiserschnitt führen (Stichwort: Risikogeburten) und diese Kinder genetisch bedingt ein höheres Erkrankungsrisiko haben!
Ich will hiermit aber nicht behaupten, der Kaiserschnitt hätte durchweg nur Vorteile! In erster Linie sollte man sich bewusst machen, dass es zwar eine risikoarme Operation ist, trotzdem aber eine Operation als solche bleibt. Wer Angst vor den Wehen hat, wird mit einem Kaiserschnitt nicht unbedingt glücklicher werden. Denn während man bei der vaginalen Entbindung die Schmerzen vor der Geburt des Kindes hat (abgesehen von den Geburtsverletzungen), bekommt man sie beim Kaiserschnitt nach der Geburt. So war für mich das Schlimmste am ganzen Eingriff die Oxytocin-Spritze am Ende der Operation, die so heftige künstliche Wehen auslöste, dass ich sie trotz Betäubung ziemlich schmerzhaft spüren konnte. Und auch das erste Aufstehen und Laufen nach der OP hat definitiv keinen großen Spaßfaktor. Trotzdem sollte man sich für eine bessere Wundheilung aufraffen und die Zähne zusammenbeißen. Je früher man anfängt, desto schneller heilt es und desto kürzer tut es weh. Übertreiben darf man es aber auch nicht, da sich sonst vermehrt Adhäsionen (Verwachsungen) bilden können, die u.U. ziemlich schmerzhaft sein können. Die meisten Kliniken arbeiten daher mittlerweile mit sogenannten Adhäsionsbarrieren, um dem vorzubeugen. Ebenso wird der Bereich um die Narbe zumindest für eine ganze Weile noch taub sein, in manchen Fällen für immer.

5.) Das ewige Rechtfertigen
Mein Arzt hat mir bei unserem Gespräch erklärt, dass wir rechtlich in einer Zeit leben, in der ich allein bestimmen kann und darf, wie ich gebären möchte. Gesellschaftlich ist das leider noch nicht angekommen. Warum muss ich mich dafür rechtfertigen, wie ich mit mir und meinem Kind bei einem der intimsten und persönlichsten Ereignisse meines und seines Lebens umgehe? Bei keinem anderen persönlichen Thema meint jeder sich so einmischen zu dürfen, wie bei der Geburt. Die Leute zerreissen sich das Maul über Frauen mit Wunschkaiserschnitten, die angeblich so egoistisch und unverantwortlich handeln. Das ist einfach nur falsch und dumm. Es ist nicht leichter, nicht schmerzärmer. Es ist ein verantwortungsbewusster Akt seine eigene Gesundheit hinter die seines Kindes zu stellen und seinem Kind damit die risikoärmste Geburt zu ermöglichen die es gibt. Das ist Fakt. Ich kenne etliche Frauen, die eine natürliche Geburt hatten und noch monatelang oder jahrelang darunter litten. Ich kenne Frauen, die sich so sehr eine natürliche Geburt gewünscht haben, dass sie in absolute Traurigkeit gestürzt sind, weil sie einen Notkaiserschnitt bekommen haben. Aber ich kenne keine einzige Frau, die mit ihrem Wunschkaiserschnitt unglücklich war. Ich kenne Frauen mit einer vaginalen Geburt, die mir vorwerfen, dass ich in die Natur eingreife, weil ich mein Kind zu einem festgelegten Zeitpunkt bekomme - und selbst eine Woche vor Termin mit pda einleiten lassen. Sie sind betäubt worden und haben den Zeitpunkt selbst bestimmt, aber ich soll mich für das nahezu gleiche Vorgehen (außer dass mein Kind maximal 10 Minuten etwas vom Betäubungsmittel abbekommen hat und ihre Kinder stundenlang) rechtfertigen müssen?!
Ich bin es leid, dass die vaginal Gebärenden einen ständig bekehren wollen. Ich kenne aber keine Wunschkaiserschnittmutter, die andere Frauen bekehren wollen. Und wisst ihr warum? Weil wir es leid sind, uns ständig rechtfertigen zu müssen. Uns ständig diese falschen und uniformierten Vorurteile anhören zu müssen. Wir wissen es einfach zu schätzen, dass wir selbstbestimmt gebären durften und genau das wünschen wir jeder anderen Frau, egal auf welche Art sie ihr Kind bekommen möchte. Denn wenn wir ganz ehrlich wären und die Risiken für das Kind bei einer vaginalen Geburt mit den Risiken bei einem geplanten Kaiserschnitt vergleichen würden, müssten wir all euch vaginal Gebärenden vorwerfen, dass ihr fahrlässig mit der Gesundheit eures Kindes umgeht... Aber das tun wir nicht, weil wir uns im Gegensatz zu euch nicht über die persönliche Situation und Sichtweise eines anderen stellen. Wir akzeptieren andere Meinungen und genau das wünschen wir uns auch für uns selbst.

Mein persönliches Fazit
Meine persönliche Meinung dazu ist folgende: mir konnte bis jetzt noch keiner wirklich glaubhaft machen, dass die vaginale Geburt für das Kind tatsächlich schmerzfrei ist. Es ist ein gewaltiger Prozess, im wahrsten Sinne eine Naturgewalt und auch wenn die meisten Kinder eine Geburt ohne Probleme überstehen (die oben genannten Fakten gelten schließlich nur für einen Bruchteil der Geburten, bitte nicht vergessen!), war es nach meiner Recherche für mich undenkbar meinem Kind einem solchen Erlebnis, das vermutlich sehr schmerzhaft (Schädelplatten werden verschoben, der ganze Körper wird gequetscht und gezerrt) und auch noch voller gesundheitlicher Risiken ist, auszusetzen. In unseren Familien und in unserem Bekanntenkreis haben wir zwei Fälle von geistiger Behinderung wegen Hypoxie unter der Geburt, eine zerquetschte Nase von der Geburtszange, unzählige entzündete Dammschnitte (und ein Riss vierten Grades, der ein einjähriges Abführen von Kot per Schlauch nötig machte) und völlig zerstörte Beckenböden... Dem gegenüber haben wir eine kleine taube Stelle am Bauch einer Sectiomama. (Bzw. zwei wenn ich mich mitzähle, jetzt knappe 5 Wochen nach der Geburt.)
Mag die Wahrscheinlichkeit für solche Verletzungen auch noch so gering sein, für mich war der ausschlaggebende Punkt das Null-Prozent-Risiko meines Kindes. Lieber wollte ich ein höheres Risiko eingehen, als meinem Kind einem Risiko auszusetzen. Es ist nicht meine Geburt, es ist die Geburt meines Kindes. Ich bin nur einer von zwei Hauptakteuren und wie in einer gleichberechtigten Partnerschaft, habe ich hier zwischen meinen und seinen Interessen abgewägt. Es hatte noch keine Stimme, aber ich hatte eine und ich konnte mit ihr seine Gesundheit über die meine stellen. Ich lasse mich gerne aufschneiden, wenn es die Gesundheit meines Kindes beschützt. Ich habe lange mit mir gerungen, hatte Angst vor Komplikationen beim Kaiserschnitt, Angst über meinen Wunsch mit meinem Arzt zu sprechen und nicht ernst genommen zu werden. Als ich es dann am Ende meiner Schwangerschaft getan habe und anfing von meiner Recherche zu erzählen und ihn mit meinem gesammeltem Wissen überzeugen wollte - da hat er mich unterbrochen und lapidar gemeint: »Erstens ist das allein Ihre Entscheidung und zweitens würde ich persönlich ebenso handeln wie Sie. Wenn ich eine Frau wäre, würde ich auch die Sectio wählen.« (Mein Arzt hat jahrelang auf der hiesigen Geburtsstation gearbeitet.) Damit war ob dann gegessen und es ging mehr ums wie. In der Klinik gab es dann ein Vorgespräch, das etwas tiefer ging. - Was ich persönlich auch gut finde, denn niemand sollte »einfach so« auf seinen Wunsch hin operiert werden (Stichwort: Wunschkaiserschnitt nach Termin). Man sollte sich schon genauer mit der Thematik auseinandergesetzt haben und wissen, warum man sich wofür entscheidet.
Der zweite Grund war meine Angst vor einer traumatischen Klinikgeburt. Ich bin kein Fan von Krankenhäusern und auch nicht unbedingt von Ärzten. Ich kann jede Frau verstehen, die sich für die entspannte Hausgeburt entscheidet. Für mich wäre sie nichts gewesen, weil mir die Risiken dabei zu groß gewesen wären, da hätte ich nicht entspannen können. Ich kenne drei Frauen mit Hausgeburten - bei einer lief es traumhaft und bei den anderen zwei furchtbar schief (Notkaiserschnitte, eine Uterusruptur und beide Kinder haben dauerhafte gesundheitliche Schäden erlitten...). Mit diesem Wissen kann ich nicht blind glauben, dass alles gut gehen wird. Dieses Wissen sagt mir, dass ich alles in meiner Macht stehende tun muss, um meinem Kind gesund und wohlbehalten auf die Welt zu helfen. Wenn ich also Zuhause nicht entspannen kann und mir Kliniken nicht geheuer sind, wie soll ich dann dort entspannen und mich auf die Geburt konzentrieren? Wie soll ich vernünftige Wehenarbeit leisten, wenn andauernd jemand den Muttermund untersuchen will, wenn Schichtwechsel ist und plötzlich wieder fremde Gesichter vor einem stehen, usw. Diese Traumatisierungen sind gar nicht so selten, es spricht nur keiner drüber. Eine großartige Sache ist in diesem Fall die Roses Revolution, eine Aktion, die sich gegen Gewalt in der Geburtshilfe wendet.
Der dritte Grund ist meine körperliche Anatomie, die einen Steißbeinbruch sehr wahrscheinlich macht, da ich ein verknöchertes Steißbein habe, das nicht so klein und beweglich ist, wie es sein sollte und ich ein ebenso schmales Becken habe wie meine Mutter, von der ich nicht all zu viel Gutes über die Geburten ihrer Kinder gehört habe. Ich hatte Bedenken, dass mir ein Notkaiserschnitt bevorsteht - unter Vollnarkose, nach stundenlangen Wehen und ohne Mr. Honkitonki an meiner Seite. 
Ein vierter Punkt, den ich aber erst nach der Geburt erkannt habe, ist die Beziehung zwischen der Little Miss und ihrem Vater. Er hatte sie als Erster auf dem Arm und war bei der U1 bei ihr. Das hat etwas in ihm ausgelöst, was ich nicht wirklich in Worte fassen kann. Aber man sah es einfach. Die zwei haben eine unglaubliche Beziehung zueinander, die ich für dieses wenige Wochen alte und vollgestillte Kind (= permanent bei Mama) für außergewöhnlich halte.
Ich habe meine Entscheidung definitiv nicht bereut, sondern mich hat vieles was ich erst nach Geburt erfahren habe nur darin bestätigt, für mich persönlich den richtigen Weg gegangen zu sein. Für mich steht heute schon fest, dass eventuelle Geschwisterchen ebenfalls per geplanter Sectio auf die Welt kommen werden. Nicht weil eine Sectio der bessere Weg ist, sondern weil ich meinen Weg gegangen bin und dadurch, dass ich zu 100% im Reinen damit war, war es auch für mich der beste Weg. Deswegen ein Plädoyer. Jede Frau darf und soll selbstbestimmt gebähren. - Auf dem Weg, den sie - informiert - für den richtigen hält.

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