Der 'Schwänzchen'-Vergleich oder mein Baby darf ein Baby sein

Jaaaa... das ist so ein Thema, das mir mit der Zeit gewaltig auf den Keks geht: das ständige Vergleichen zwischen Müttern. Ich weiß nicht, ob das so ein Frauending ist, aber Männer scheinen mir da immer deutlich entspannter zu sein... Zum ersten Mal aufgefallen ist es mir, als die Little Miss noch ganz 'frisch' war und ich die ersten Ausflüge mit ihr in die Stadt gemacht habe. (Unsere Stadt ist etwas größer und wir sind erst nach Schule/Ausbildung hierher gezogen, man kennt sich also in der Regel eher nicht.) Jedenfalls begegneten mir bei einem dieser Spaziergänge innerhalb von 10 Minuten drei verschiedene Mütter, die ebenfalls mit Kinderwagen unterwegs waren. Und jede Begegnung lief genau gleich ab: zuerst wurde ich von oben bis unten angeguckt (Gesicht - Kleidung - Schuhe) und dann wurde der Kinderwagen genau in Augenschein genommen. Wenn sie dann näher kamen wurde schnell woanders hingeguckt, sodass ich mir spätestens beim dritten Mal etwas dümmlich vorkam, mit meinem freundlichen Lächeln in ihre Richtung. Vielleicht sehe ich ja auch assi aus, keine Ahnung...

Woher kommt dieses Bedürfnis eine andere Mutter immer 'abchecken' zu müssen?! Ich versteh das nicht. Ich möchte mich doch nicht ständig mit allen vergleichen. Natürlich haben wir unterschiedliche Kleidung und Kinderwägen, jeder von uns hat einen anderen Geschmack, andere Bedürfnisse und natürlich auch ein anderes Budget. Aber wir sind doch in der selben Situation: wir sind Mütter von einem kleinen Kind und haben dadurch doch mehr oder weniger die gleichen Sorgen. Das sollte uns doch - ungeachtet von Kleidung und Wagen - zusammenschweißen, uns eine gemeinsame Basis geben.

Wirklich schlimm wurde es dann bei einem Treffen in der hiesigen Familienstube, dort findet wöchentlich ein sogenanntes U1-Café statt, also ein Treffen für Eltern mit einem Kind unter einem Jahr. Die Mehrzahl der Mütter war super nett, aber es gab da eine, die sich jedesmal auf's Neue vergleichen mussten. Ihr Sohn war 12 Monate alt - läuft nicht und spricht nicht. Finde ich nicht schlimm, schließlich hat jedes Kind sein eigenes Tempo und das schlimm zu finden, raubt einem doch nur unnötig Zeit und Energie. Ein Kind ist schließlich keine Maschine, die man irgendwie 'zum funktionieren' bringt. Jedenfalls habe ich mir jeden Kommentar gespart, weil ich selbst auch drauf verzichten kann, so etwas zu hören. Lustigerweise musste sie aber bei jedem Treffen die Entwicklung der Little Miss kommentieren. »Na, das gefällt ihr aber nicht... das solltet ihr nochmal üben.« (Spiel mit einem Tuch über den Köpfen und meine Little Miss verzog das Gesicht...) oder »Das Rollen kriegt sie aber noch nicht hin... wie alt ist sie jetzt?« oder auch »Jetzt hat sie aber sehr wenig getrunken.« Sie war zwar sehr nett, aber ihre Kommentare hatten immer so einen gewissen Unterton. Mit der Zeit hat mich das doch ziemlich angenervt.

Meine Little Miss ist ein kleines Baby. Sie musst erstmal gar nichts, aber sie darf sehr viel. Es ist ihr erstes Lebensjahr, sie entdeckt noch die ganze Welt. Sie ist ein kleines Lebewesen, keine Maschine, die auf den Punkt genau irgendetwas kann. Sie konnte direkt nach der Geburt den Kopf alleine heben, mit 2 1/2 Monaten hat sie sich das erste Mal vom Rücken auf den Bauch gedreht, das hat sie einen Monat lang gemacht (sehr selten, aber ständig versucht) und dann hat sie einfach wieder damit aufgehört und es dann erst wieder mit 5 Monaten erneut gestartet. Sie hat ihr eigenes Tempo und das ist OK so.

Ein anderer Punkt war das Anziehen. Eine der Mütter fragte tatsächlich warum ich der Little Miss denn immer Strampler anziehe. Sie selbst ziehe lieber 'normale' Kleidung (also Hose und Pullover) an, sonst sehe das Kind wie ein Baby aus. Hmmmm. Unsere Kinder sind gleich alt, beide waren zu diesem Zeitpunkt 4 Monate alt und Entschuldigung, aber ich dachte, dass sie mit 4 Monaten tatsächlich auch noch Babys sind, mein Fehler. Darüber hinaus finde ich Strampler aus dreierlei Gründen überaus praktisch, aber das ist natürlich meine persönliche Sichtweise.
1. Mein kleines Speikind kotzt ständig und nicht nur ein bisschen, so dass meist Bauch und Beine voll sind, da ist es geschickter den kompletten Strampler zu wechseln, als Oberteil und Hose, zumal sie
2. Pullover hasst, weil die zuerst über den Kopf gezogen werden und dann auch noch ihre Arme in die Ärmel müssen, da ziehe ich ihr lieber einen langärmligen Wickelbody unter den Strampler an und gut ist.
Und 3. strampelt sie wie ein Weltmeister, so dass es eigentlich keine Socken gibt, die länger als 30 Minuten an ihren Füßen sitzen (außer sie schneiden ganz fest in die Haut ein, das muss nun wirklich nicht sein), was spätestens bei Minusgraden ziemlich unlustig ist.
Das bedeutet nicht, dass wir ausschließlich Strampler besitzen, wir haben auch Pullover und Hosen, aber z.B. keine Mini-Jeans, sondern nur weiche Jogginghosen, weil ich selbst, wenn ich den ganzen Tag auch nur rumliegen würde, die Bequemlichkeit einer Jogginghose gegenüber einer Jeans durchaus zu schätzen wüsste. 

Was will ich damit sagen? Na zunächst einmal: mein Baby darf ein Baby sein. Sie darf wie ein Baby aussehen und sie muss nicht rollen/essen/sitzen/laufen, nur weil irgendein anderes Baby auf der Welt das schon in ihrem Alter gemacht hat. Sie ist kerngesund, ziemlich mollig (ein properes Stillkind eben) und so unglaublich fröhlich. Sie ist mein Kind und ich liebe sie so wie sie ist. Punkt.
Ich weiß, warum mein Wagen für uns perfekt ist und warum ich welche Kleidung benutze. Ich ziehe sie so an, wie ich es für richtig halte und darüber hinaus ist es mir egal, wie andere Eltern ihre Kinder anziehen oder welchen Kinderwagen sie fahren. Sie werden dafür ebenso ihre Gründe haben wie ich und mit welchem Recht dürfte ich ihre Entscheidungen hinterfragen?

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