Der lange Weg zur Beikost

Eigentlich klingt es so einfach Beikost, mal eben nebenbei. Und wenn ich mich in unserem Familien- und Bekanntenkreis umhöre, dann ist es für die meisten auch ganz einfach. Wenn ich dann meckere, dann kommt meist so ein »Ja, unsere isst auch ganz schlecht, heute Nachmittag hat sie wieder nur ein halbes Gläschen gegessen.« Das sind Momente, wo ich meine Little Miss angucke und wünschte, sie würde ein bisschen wie das andere Kind sein. Zumindest ein bisschen. Zumindest so, dass sie überhaupt mal einen Löffel Brei nimmt. :D

Die Theorie
Wie ihr euch denken könnt, habe ich auch im Vorfeld der Beikost wieder eine ganze Menge gelesen. (Man will ja nur das Beste für das Kind...) Ich habe mir Gedanken über den Anfangszeitpunkt gemacht, Lätzchen besorgt und mir zwei Rezeptbücher (eins für Babybreie und eins für Breifrei) gekauft und ja, mir war auch klar, dass das nicht von heute auf morgen funktionieren würde. Aber so schwierig habe ich es mir auch nicht vorgestellt. Mr. Honkitonki und ich waren ganz begeistert vom Breifrei/Baby-led-weaning-Konzept und so hatten wir geplant, der Little Miss die Nahrung breifrei anzubieten und für's bessere Durchschlafen trotzdem einen Abendbrei einzuführen. - Soweit die Theorie...

Die Praxis
Als die Little Miss dann Anfang Dezember 4 Monate alt geworden ist, dachte ich, dass sie auch die Zeichen der Beikostreife zeigte. Also haben wir versucht ihr pürierte Karotte anzubieten - die wollte sie nicht. Sie saß da und hat die Lippen zusammengekniffen und den Kopf weggedreht. Weil wir sie natürlich nicht zwingen wollten, haben wir es gelassen und zwei Tage später noch einmal probiert. Mit dem gleichen Ergebnis. Dann haben wir das alles mit püriertem Obst versucht (Apfel, Birne, Banane) - keine Chance. Daraufhin haben wir mit Schmelzflocken und Muttermilch eine Art Haferschleim angerührt... sie wollte ihn nicht. Danach waren dann diverse Gläschen dran (verschiedene Sorten von verschiedenen Marken) und nein, auch die nahm sie nicht. Nach dem Breifrei-Konzept haben wir ihr dann so etwas wie weichgegarte Karotten gegeben und oh Wunder, die aß sie. Nicht in großen Mengen und nur winzige Happen, aber sie lutschte daran mit größtem Vergnügen.
So sehr ich das Stillen befürworte, aber nachts alle zwei Stunden aus dem Schlaf gerissen zu werden, der Kleinen das Fläschchen zu geben und dann abzupumpen (ich hatte hier ja schon einmal darüber geschrieben) nur um dann nach 30-6o Minuten wieder aus dem Schlaf gerissen zu werden, war auf Dauer sehr belastend. Daher haben wir ihr ein Abendfläschchen gemacht. Normalerweise kocht man die Schmelzflocken in Kuhmilch kurz auf, aber wir haben sie in Muttermilch gepackt und eine Weile geschüttelt, bis sich die Flocken halbwegs gelöst haben, damit wir die wertvollen Inhaltsstoffe der Muttermilch nicht verkochen müssen. Dann haben wir das Gemisch mit Birnendirektsaft aufgefüllt und mit dem Breisauger gefüttert. - Sie liebt diesen Abendbrei. Dazu muss ich sagen, dass wir mit der Little Miss insofern Glück haben, dass sie ein sehr später Zahner ist und bis heute (9 Monate) noch keinen einzigen Zahn hat, so dass wir ihr den Saft recht bedenkenlos geben können, ohne uns um ihre Zahngesundheit sorgen zu müssen. Seit sie richtig angefangen hat zu essen haben wir die Breiflasche nach und nach reduziert und mittlerweile bekommt sie nur noch 5 Gramm Flocken in 150 ml Muttermilch und keinen Saft mehr.

Hilfe, mein Kind isst nicht!
Nun am Anfang dachte ich, die Little Miss würde einfach etwas länger brauchen, bis sie denn dann pürierte Kost isst. Unsere Kinderärztin ist nicht so begeistert vom Breifrei/BLW-Konzept, weil sie meinte, dass die Kinder dann oft Nährstoffmangel hätten. (Wobei ich dazu sagen muss, dass dieser Nährstoffmangel vermutlich nur dann auftritt, wenn Eltern frühzeitig aufhören dem Kind nach der »Mahlzeit« Milch anzubieten, dazu gibt es hier einen ganz interessanten Artikel, der auch noch einmal betont, dass Milch das Hauptnahrungsmittel im ersten Lebensjahr ist.) Trotzdem haben wir der Little Miss weiterhin immer wieder etwas Obstmus angeboten und mit 8 Monaten hat sie dann erstmals(!) den Mund aufgemacht und drei Löffel gegessen. Es gibt mittlerweile gute Tage, an denen sie mal einige Löffel isst, aber mehr als maximal 10 Löffel sind nicht drin. Sie mag es einfach nicht gefüttert zu werden und ich kann sie schlecht dazu zwingen.
Oft kann ich mir dann supertolle Tipps anhören, die mich wirklich annerven. Die meisten Menschen versuchen dann mir zu erklären, dass ich mein Kind hungern lassen soll, damit es hungriger ist und sie doch nach den durchschnittlichen 5-6 erfolgreichen Löffeln »zwingen« sollte weiter zu essen, damit sie lernt, dass Brei sie sättigt. Dann schlagen mir Leute vor, dass ich doch abstillen soll. Das habe ich immer noch nicht kapiert, weil ich mir denke, wie denn bitteschön Säuglingsmilch dazu führen soll, dass sie mehr Beikost isst...?! Und besonders hilfreich sind dann Menschen, die mir vorschlagen es mal mit diesem oder jenen Gläschen zu versuchen. Wir haben fast alles durch. Und nein, ich glaub nicht, dass es am Geschmack liegt. Die Little Miss möchte nicht gefüttert werden. Und ich werde ihr nicht gewaltsam einen Löffel in den Mund rammen. Essen soll Freude machen, sie soll Spaß daran haben und den Genuss daran schätzen lernen.

Wie du stillst noch?
Daraus hat sich dann ergeben, dass ich die Little Miss acht einhalb Monate wirklich voll gestillt habe - mit ungefähr 900-1.000 ml pro Tag/Nacht. Und ja, jetzt so gegen Ende geht es mir doch auf die Nerven. Bis die Little Miss 6 Monate alt war, war jeder noch so still befürwortend, mit 7/8 Monaten kam dann schon die Nachfrage, ob ich denn noch stille und mittlerweile sind die Leute tatsächlich total überrascht, dass man immer noch stillt. Ich bin so ehrlich zu sagen, dass mich das (Voll)Stillen nervt. Denn natürlich möchte ich meine Brüste wieder für mich haben und keine Still-BHs mehr tragen und vor allem nicht ständig an der Plastikpumpe hängen. Und ich finde nicht, dass man das alles toll finden muss. Aber ich möchte meinem Kind auch die bestmögliche Versorgung bieten. Muttermilch ist das Beste, was mein Kind je zu sich nehmen wird. Und je länger sie die Milch bekommt desto besser ist es. Die Gesundheit der Little Miss hat für mich oberste Priorität, vor meiner Bequemlichkeit. Und ich werde sie das erste Lebensjahr stillen, egal wie anstrengend das auf Dauer ist. Manchmal bin ich dann genervt, wenn ich mich dafür rechtfertigen soll, dass ich weiterstille. Dabei geht es mir nicht um das Stillen allgemein, mir war klar, dass sie im ersten Lebensjahr Muttermilch bekommt, sondern um das lange Vollstillen. Ich habe absolut kein Problem damit, auch in den nächsten Monaten noch abpumpen zu müssen. Aber 8 Monate voll zu stillen ist eine lange Zeit und es kann sehr frustrierend sein, wenn das Kind keinen Anschein macht je richtig zu essen.

Es wird besser
Wie bei allem was Babys so anstrengend macht gilt auch hier: es wird besser. Egal wie aussichtslos es aussieht, es geht vorbei. Kein Erwachsener schläft nachts nur mit Schnuller bei seinen Eltern und meldet sich alle 2-3 Stunden weil er Milch haben möchte. :D
Unsere Little Miss hat sich mit knapp 9 Monaten dazu entschieden nun auch zu essen. Sie lutscht die Sachen nicht nur, sondern schluckt sie jetzt tatsächlich runter. (Manchmal sind wir immer noch ganz verblüfft wie easy das sein kann...) Ansonsten ist sie beim Essen trotzdem noch recht wählerisch. Auch wenn es oft heißt, dass Kinder im ersten Lebensjahr eigentlich alles essen und erst später ihre Vorlieben entwickeln... Nein, es gibt auch solche wie die Little Miss, die sich am liebsten nur von Zucchini, Gurke und Nudeln ernähren möchte. Aber wir variieren und bieten ihr eine ganze Fülle an Obst & Gemüse an (letztens haben wir es mit Süßkartoffel versucht, die war... naja, sagen wir okay...) Und letztendlich sind wir einfach nur erleichtert, dass sie endlich isst.

Kommentare

  1. lass dir nicht reinreden, lange zu stillen ist heute leider für viele menschen komisch. den kleinen hab ich bis vor kurzem noch gestillt (nur noch nachts, er ist jetzt 20 monate alt) und ja, inzwischen bin ich froh, dass er nachts nur noch einen schluck wasser haben möchte, sich dann wieder einkugelt und weiter schläft. ein kleines baby kann man prima im liegen stillen und dabei wieder wegdösen, so nen langen lulatsch irgendwann nicht mehr (also ich nicht ^^).
    wir haben bei beiden jungs blw gemacht und unser kinderdoc war zum glück nie dagegen, hat nur die schultern gezuckt, das als trend abgetan und meinte nur, wenn es ausgewogen ist, ist es ihm wurst, wie das essen im kind landet ^^ und beide sind wunderbar und ohne mangel "groß" geworden. der artikel hier ist auch sehr interessant, kannst du deiner ärztin ja mal zu lesen geben ;) http://www.gewuenschtestes-wunschkind.de/2014/07/die-neuen-empfehlungen-zur-beikost-kritik-vom-fke-und-der-dgkj-zum-baby-led-weaning-blw-beikosteinfuehrung.html
    lg, die ori

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    1. Danke für die lieben Worte und den Link!
      Ich glaube ja, dass Ärzte sowas immer auch sagen um sich rechtlich irgendwie abzusichern... Ich bin ja auch froh überhaupt einen Weg gefunden zu haben, bei dem unsere Kleine mit Freuden isst. Und ich muss ganz ehrlich sagen: es hat etwas unglaublich Entspanntes, dass wir alle drei gemeinsam essen können, ohne dass einer von uns noch das Kind füttern muss. ;)

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