Mit Eifersucht umgehen

Wie viele andere Mütter lese auch ich gelegentlich den Blog Gewünschtestes Wunschkind und bin immer wieder unendlich dankbar für die vielen tollen Tipps, die Snowqueen und Danielle geben. Nun hatte ich erst vor ein paar Tagen den Beitrag über die Entthronung der Erstgeborenen gelesen und musste dabei an Freunde denken, die oft mit der Eifersucht ihrer Tochter zu kämpfen haben. Die Kleine wird recht grob zu Besuchskindern und mir sind während dem Lesen quasi die Schuppen von den Augen gefallen, warum sie sich so verhält, wie sie sich eben verhält.

Zuerst mal muss ich sagen, dass ich vor dem Lesen des Artikels ganz genauso reagiert hätte wie das befreundete Pärchen. Ich glaube, es ist einfach das logische Durchschnittsverhalten von Erwachsenen, die nicht verstehen, dass Kinder eben auf andere Weise kommunizieren.
So spielte unsere Freundin beispielsweise mit der Little Miss und ihre Kleine kam dazu, schaute sich das kurz an und griff dann etwas grob dazwischen. Die Mutter erklärte ihr streng, dass sie damit aufhören solle, weil sie jetzt mit der Little Miss spiele, sie aber gern mitspielen könne. Resultat war nach kurzer Zeit, dass die Mutter letztendlich sagte, sie wolle nicht mit ihr spielen, weil sie so grob sei. Die Kleine zog beleidigt von dannen und kratzte die Little Miss wenig später.
Jetzt wo ich Snowqueens Artikel gelesen habe, verstehe ich endlich, was wirklich in der Kleinen vorgeht: Sie sieht ihre Mutter mit einem anderen Kind liebevoll spielen und meldet sich auf eine sehr körperliche Art und Weise. Es ist eben ihre Art zu sagen: Mama, guck doch, ich bin auch noch da. Auf diese Kommunikation erhält sie aber sofort eine Absage - Hör damit auf [dich bemerkbar zu machen]. Ich spiele jetzt mit der Little Miss. Sie versucht dennoch am Spiel teilzunehmen, es klappt aber wegen des großen Altersunterschied nicht besonders gut und sie wird vom Spiel ausgeschlossen. Für uns Erwachsene ist logisch: die Kleine ist zu grob beim Spielen, also kann sie nicht mitspielen. Als Ältere muss sie verstehen, dass sie Rücksicht nehmen muss. Für das Kind bedeutet das aber: Mama spielt lieber mit dem anderen Kind. Vielleicht hat sie das andere Kind ja lieber als mich? Müssen wir uns dann wundern, wenn die Kleine ihre Aggression irgendwann nicht mehr aushält und die Little Miss kratzt? - Nein, natürlich nicht. Aber man muss erst einmal verstehen, dass die Kleine die Situation so ganz anders empfindet als wir.

Nun halte ich aber absolut nichts davon, sich bei anderen Eltern in die Erziehung einzumischen. Aber ich hatte vor Kurzem die Gelegenheit dies neue Wissen einmal anzuwenden und siehe da - wir haben zu dritt (die Kleine, die Little Miss und ich) prima stundenlang spielen können. Das hat mich innerlich so unendlich stolz gemacht und mir vor allem ganz extrem verdeutlicht, wie recht Snowqueen mit ihrem Beitrag hat.

Jedenfalls habe ich mich daher sehr bemüht, die Kleine in jeder Situation anzunehmen. Es ist nicht so, dass sie andere Kinder nicht mag. Gerade die Little Miss findet sie total toll und war schon drei Tage vor dem Besuch total aufgeregt, dass »La-Lotte« zu Besuch kommt.
Zuerst haben wir mit Duplos gespielt und die Little Miss hat sich die Steine natürlich andauernd in den Mund gesteckt, woraufhin die Kleine der Little Miss die Steine aus der Hand gerissen hat - mit einem strengen »Nicht Mund nehmen!« - und sie dann mir gab. Woher kommt das? Nun, ihr wurde beigebracht, dass sie die Steine nicht in den Mund stecken soll. Also setzt sie diese Regel auch bei der Little Miss konsequent um und nimmt ihr die Steine genauso streng weg, sie ihr auch weggenommen werden. Ich schimpfte nicht. Ich bedankte mich für die Steine, lobte sie dafür, dass sie so toll aufgepasst hatte und erklärte ihr dann verschwörerisch, dass wir zwei Großen so etwas nicht mehr in den Mund nehmen. Dass die Little Miss aber noch ganz klein ist und deshalb alles in den Mund nimmt, weil sie noch lernen muss, was man alles in den Mund nimmt und was nicht - und dass sie ihr ja dabei helfen kann. Ganz ernsthaft stellte sie sich dann vor die Little Miss und sagte langsam und deutlich zu ihr »Nicht Mund nehmen.« und wedelte dabei mit einem Duplostein vor Little Miss' Gesicht herum. Ich verkniff mir ein Lachen und wir spielten weiter. Natürlich hat sie ihr fast jedesmal die Steine aus dem Mund gerissen. Aber nicht so grob, dass es der Little Miss weh tat, also hab ich sie gewähren lassen und ihr jedesmal erklärt, dass die Little Miss das eben nicht so schnell versteht und wir eben sehr geduldig sein müssen.

Später stand die Little Miss an der Wickelkommode und untersuchte die Knöpfe der Schubladen. Die Kleine kam und riss die Schublade auf, die Little Miss plumpste auf den Boden und weinte (vor Schreck). Der Papa der Kleinen kam angelaufen und ich merkte schon, wie er für ein Donnerwetter tief Luft holte. Ich tröstete die Little Miss, erklärte der Kleinen und ihrem Papa, dass nichts passiert sei und die Little Miss nur vor Schreck geweint hat. Die Kleine stand schon mit verzogener Schnute da, erwartete quasi schon den Ärger von ihrem Papa [Du sollst doch vorsichtig sein, wenn ein Baby da ist...] - wie also die Angespanntheit aus der Situation nehmen? Ich rutschte mit der Little Miss auf dem Arm zu ihr rüber und zeigte ihr, dass die Little Miss sich schon wieder ganz beruhigt hatte und fragte sie dann (auch wenn ich es nicht glaube, aber sie hat die Little Miss definitiv auch nicht absichtlich umschmeißen wollen), ob sie der Little Miss etwas in der Schublade hatte zeigen wollen. Die Kleine, ganz erleichtert, dass sie einen Ausweg aus der blöden Situation bekommt, nickte eifrig. Ich erklärte ihr, dass die Little Miss sich beim Stehen noch festhalten muss und dass ich sie ja jetzt auf dem Arm hatte, so dass sie gern die Schublade jetzt öffnen kann und sie dann der Little Miss das zeigen kann, was sie ihr zeigen wollte. Und ganz begeistert zog die Kleine eine Schmuckschatulle aus der Schublade und präsentierte uns ein Armband.

Zum Abschluss war dann noch eine Situation auf dem Wickeltisch... das letzte Mal, als wir dort waren, hatte die Kleine die Little Miss am Fuss gekratzt, als ich sie gewickelt habe. Warum? Weil sich alles um die Little Miss drehte (ihre Mama räumte den Wickeltisch frei, räumte ihre Sachen weg um Platz für die Sachen der Little Miss zu machen und auch ich war voll und ganz mit dem Wickeln beschäftigt.) Wie letztes Mal wollte sie unbedingt dabei zu sehen. Diesmal habe ich es anders gemacht: sie sollte auf einem Hocker stehen, also habe ich ihr erklärt, dass ich mit dem Wickeln warte, bis sie sicher steht. Dann habe ich die Little Miss gewickelt und beim Anziehen habe ich die Kleine die Druckknöpfe vom Body schließen lassen. Natürlich war sie darin nicht besonders geschickt, aber statt vor Eifersucht nicht anders zu können als zu kratzen, hatte sie so ganz stolz eine richtige Aufgabe.

Es ist echt krass zu sehen, wie schnell Kinder die, von Snowqueen beschriebene, Rolle des unartigen Kindes annehmen, wenn sie keinen Ausweg sehen. Und ebenso erstaunlich ist es, wie anders es laufen kann, wenn man seine eigenen Gewohnheiten durchbricht und um die Ecke denkt, statt nur die einzelne (blöde) Handlung zu sehen.

Kommentare

  1. Ok. Ich hab mich jetzt entschlossen.
    Ich gebe meine Kinder mal an dich ab =D

    Mal ernsthaft.
    Was du schreibst finde ich wirklich erstaunlich - eigentlich finde ich vor allem erstaunlich, wie schnell du "um die Ecke" denkst und da Lösungen findest. Ich hatte jetzt schon lange nichts mehr mit Kindern zu tun, ich habe ehrlich gesagt kaum Ahnung wie ich jeweils reagiert hätte/reagieren würde. Aber ich kann mir ehrlich gesagt schwer vorstellen, dieses "aus dem Impuls heraus reagieren" so schnell zu unterdrücken und in der gleichen Zeit eine Lösung von dieser Qualität zu finden.

    Bevor ich schwanger werde, muss ich definitiv ein paar Unterrichtsstunden von dir bekommen. ^^
    :-*

    Fr. Katze

    AntwortenLöschen
  2. Ach meine Liebe, du bzw. ihr zwei werdet das ganz wunderbar machen, wenn es bei euch dann mal so weit ist, da bin ich mir ganz sicher. Ich schaffe diese neue Art zu denken auch nicht immer. Wie gesagt, hatte ich eine Weile Zeit über diesen Artikel nachzudenken und fand eben, dass er wie die Faust aufs Auge auf das befreundete Kind passt - ihr Verhalten war also zu erwarten. Wenn man darauf gefasst ist, kann man viel leichter anders reagieren. Ansonsten muss ich auch oft daran arbeiten meinen ersten Impuls zu unterdrücken und das gelingt mir nicht immer. Ich denke, der erste wichtige Schritt ist immer der, dass man anfängt sein eigenes Verhalten zu reflektieren. Wenn ich merke, dass ich an die Sache falsch herangegangen bin, dann entschuldige ich mich sogar bei der Little Miss. Nicht, dass sie es schon verstehen würde, aber es geht ja darum, ihr den gleichen Respekt entgegenzubringen, wie jedem anderen Menschen auch.

    Ich leihe dir gern mal meine Bücher zu dem Thema aus (ich werde eh noch einige Male darüber etwas schreiben...) Ansonsten hilft es viel mal sein Umfeld zu beobachten. Mr. Honkitonki steht diesem neuen Erziehungsansatz manchmal etwas skeptisch gegenüber, letztens waren wir jedoch auf einem Grillfest und es waren viele Familien da. Darunter auch eine mit einer 3-jährigen Tochter und einem 4 Monate alten Sohn (da blinkte bei mir schon das Wort "Eifersucht", besonders als ich hörte, dass er ein Frühchen war und die Eltern jeden Tag in der Klinik waren...) Jedenfalls spielte sie etwas wilder und fing dann an sich mit der einjährigen Tochter unserer Freunde um ein Spielzeug zu streiten. Aufgrund ihrer körperlichen Vorraussetzungen konnte sie den Streit logischerweise gewinnen und die Kleine heulte enttäuscht. Was tat die Mutter? Kam angerannt, riss ihrer Tochter das Spielzeug aus der Hand und sagte zu der anderen Mutter und mir: "Bei der S. müsst ihr aufpassen, die ist eine richtige Hexe!" - Keine 10 Minuten nachdem sie auf dem Grillfest war, ist das arme Kind so extrem von der eigenen Mutter vor allen anderen beleidigt worden. Natürlich war sie dann ein furchtbares Kind, das alle geärgert hat und nicht auf ihre Eltern gehört hat. Und das ist ganz schrecklich, weil sie bestimmt ein tolles Mädchen ist und einfach nur furchtbar verletzt ist und geradezu nach der Aufmerksamkeit ihrer Eltern schreit - und dann so behandelt wird. Das war für mich natürlich nur eine Momentaufnahme und ich kann weder die Familie beurteilen, noch wissen, was an diesem Tag schon alles passiert ist. Trotzdem finde ich, dass dieses öffentliche Herunterputzen in keinster Weise angemessen war. Das einzig Gute daran war, dass Mr. Honkitonki abends zu mir kam und sagte: "Du hast Recht, wer sein Kind so behandelt, braucht sich nicht zu wundern, wenn es sich dann genauso furchtbar verhält. Wir müssen das anders machen!"

    AntwortenLöschen
  3. Danke für deine lieben Worte.
    Und auf das Angebot die Bücher auszuleihen komme ich dann bestimmt zurück :-*

    Diese Geschichte ist wirklich recht traurig, auch wenn es, wie du ja schon sagst, nur eine Momentaufnahme war. Aber mir kommen solche Momentaufnahmen bekannt vor von damals, von vielen Eltern. Nicht direkt in dieser Richtung, aber in anderen, wo man aus einem anderen Blickwinkel nicht selten denken musste "Oh weh.." - man ist leider sehr schnell im Alltag gefangen. Und wenn man nicht nachdenkt und sich nicht klar macht, dass einem das richtige Verhalten als Mutter oder Vater nicht angeboren ist, sondern dass das etwas ist das man eigentlich lernen muss, dann läuft man Gefahr, ein ganzes Leben lang nicht zu merken, dass man viel mehr (positiven wie negativen) Einfluss auf das Verhalten und die Charakterentwicklung des eigenen Kindes hat, als man je für möglich gehalten hätte.
    Aber es freut mich, dass ihr wenigstens aus dieser Momentaufnahme etwas Positives ziehen konntet :)

    Gibt es eigentlich sowas wie "Erziehungskurse", die in die Richtung deines Artikels gehen?
    Das wäre doch mal was.

    AntwortenLöschen

Kommentar veröffentlichen

Beliebte Posts