Etwas zum generations-unüblichen-Kinderkriegen

Über Lisas Beitrag von Stadt-Land-Mama kam ich zu einem interessanten Artikel in der Neon, der von den Folgen des 'frühen' Kinderkriegens in den 20ern handelt. Aber was heißt das überhaupt? Bei unseren Eltern waren die meisten mit Anfang 30 mit der Kinderplanung fertig - heute fangen die meisten da erst an. Es ist tatsächlich manchmal komisch wenn man so unüblich für seine Generation ein Kind bekommt. Wir sind die Generation mit zu vielen Möglichkeiten - immer auf der Suche nach dem perfekten Lebenslauf. Hier noch ein Praktikum, da noch ein Auslandsaufenthalt und für den Master bitte einmal quer durch Europa ziehen. Dann ist man perfekt ausgebildet, hat die ersten tollen Jobs und mit Mitte 30 guckt man dann mal, ob da noch Platz für Kinder ist. Dann klappt es altersbedingt nicht gleich und schwupps ist man plötzlich 40 und streicht das 'er' bei Kinder.

Ich bin mit 25 schwanger geworden und habe die Little Miss dann mit 26 bekommen. Ich finde das eigentlich gar nicht früh. Aber ich bin trotzdem in meinem (gleichaltrigen) Freundeskreis die Einzige mit Kind. Die Einzige mit Ehemann. Ich habe Mr. Honkitonki nach dem Abitur kennengelernt, drei Monate nachdem wir ein Paar wurden bin ich zu ihm gezogen, habe einen Wäschekorb mit Klamotten in seinem Zimmer stehen gehabt und war glücklich. Ein Jahr später sind wir in unsere erste eigene Wohnung gezogen. Zwei Jahre später dann in die zweite. Und als wir ziemlich genau vier Jahre zusammen waren, haben wir geheiratet und weitere zwei Jahre später unser erstes Kind bekommen (und zwischendurch noch in Wohnung Nr. 3 gewechselt). Als Verheiratete war ich schon im Studium eine absolute Ausnahme und bin oft deswegen angesprochen worden und nun werde ich so oft gefragt ob es denn auch mein Kind wäre...

Vor Mr. Honkitonki waren Kinder kein Thema für mich und als ich ihn dann kennenlernte, kam mit der Zeit dann der Wunsch auf, mit ihm eine Familie zu gründen. Für uns beide war klar, dass wir damit lieber früher als später beginnen wollten. Durch das positive Beispiel unserer Eltern war und bin ich davon überzeugt, dass auch ich meine Kinderplanung mit 30 abgeschlossen haben möchte. Ein wichtiger Punkt ist z.B. der Schlafmangel. Man kennt das ja von durchgemachten Nächten: während man die Schlaflosigkeit mit 15/16 super weggesteckt hat, sah das mit Mitte 20 schon wieder anders aus und wenn wir mal ehrlich sind: besser wird das nicht. Ich wollte noch ein bisschen die Unbekümmertheit der Jugend haben, wenn ich meine Kinder großziehe. Und mich noch an meine Kindheit erinnern, bevor ich ganz und gar erwachsen werde. Von den gesundheitlichen Faktoren mal ganz zu schweigen. Aber trotzdem muss man natürlich auch das Glück haben, dass Partner und Umstände (Geld, Wohnung, Gesundheit) passen. Ich habe das Glück und ich bin dankbar dafür, wenn ich Mr. Honkitonkis Kollegen sehe, der mit Mitte 50 und künstlicher Befruchtung noch Vater geworden ist. Wenn ich mich mit meiner Nachbarin unterhalte und sie so traurig ist, dass sie ihr drittes Kind wahrscheinlich erst mit 40 kriegen wird.

Manchmal bin ich aber auch ein bisschen traurig, dass wir vor unseren engsten Freunden ein Kind bekommen haben. Wenn ich sehe wie zwei Pärchen mit ihren Kindern Ausflüge machen oder einfach nur einen Spaziergang durch den Park. Es ist nicht so, dass ich einsam bin. Durch die Schwangerschaft und das Kind haben wir viele Menschen mit Kind(ern) kennengelernt und gerade ich habe zwei ganz liebe Mamafreundinnen richtig ins Herz geschlossen und unternehme 1-2 mal pro Woche etwas mit ihnen. Doch auch wenn es ein sehr herzlicher und offener Kontakt ist, eine alte Freundschaft ist doch noch einmal etwas ganz anderes.

Oft hört man ja, dass die Freundschaften kaputt gehen, wenn einer sich für ein Kind und damit ja auch für ein Familienleben entscheidet. Wenn man plötzlich nicht mehr abends zusammen weggeht, wenn man statt einem DVD-Abend plötzlich Kaffee und Kuchen anbietet, wenn es plötzlich nur noch um Kinderthemen geht... Aber ich denke, wenn eine Freundschaft wirklich etwas wert ist, dann steht sie das durch. Natürlich dürfen sie enttäuscht sein, wenn man sie nicht mehr 'mal eben' spontan besucht, wenn ein Berlin-Trip plötzlich wie eine halbe Weltreise erscheint, wenn man sich auf eine Nachricht tagelang nicht meldet, weil man sie einfach total verplant hat. Ich wäre das ja auch. Die Welt außerhalb vom Kinderkosmos dreht sich ja ganz normal weiter. Und doch haben wirkliche Freunde Verständnis, üben Geduld und hoffen, dass es irgendwann wieder besser wird. Sie nehmen teil an unserem Leben, auch wenn es sie vielleicht gar nicht so wirklich interessiert... Aber genau das ist der Grund, warum wir uns wiederum Mühe geben genau diese Freundschaften zu halten. Warum wir uns bei ihnen immer wieder melden, wenn auch mit Verspätung, aber wir melden uns.

Und dann sind da noch die anderen Freunde, die, die man seit einer Ewigkeit nicht mehr gesehen hat. Die ständig telefonieren wollen und man einfach nicht weiß, wie man ihnen denn noch erklären soll, dass man zum Telefonieren einfach keine Zeit hat. Dass man sich den ganzen Tag ums Kind kümmert und wenn es mal eine halbe Stunde schläft, dann wartet die Wäsche oder die Küche oder das Badezimmer. Dann muss das Essen vorbereitet werden oder gesaugt werden. Und wenn man sich davon eine kleine Auszeit gönnt, dann möchte man einfach mal für 10 Minuten mit einem heißen Kaffee auf dem Sofa sitzen und das schweigende Babyphone genießen. Das sind die Freunde, die immer sagen »Wir müssen uns unbedingt mal wieder sehen« und dann doch nie Zeit für einen haben. Mr. Honkitonki sagt immer, das sind Freunde zweiter Klasse. Man lädt sie mit ein, freut sich wenn man sie mal wieder trifft und hat dann eine gute Zeit, aber man erwartet nichts (mehr) von ihnen. Man lebt einfach in zwei völlig verschiedenen Welten.

Und dann sind da noch Freunde, die eigentlich keine mehr sind. Die man zwar irgendwie noch zu seinen Freunden zählt, aber eigentlich nur, weil sie früher mal Freunde waren. Ich habe ein paar davon, aus alten Zeiten. Es sind Menschen, die nicht einmal wussten, dass ich schwanger bin, weil wir uns so lange nicht gesehen haben und kaum Kontakt hatten. Es sind Menschen, die sich nicht einmal melden, wenn man ihnen eine Geburtskarte schickt. Und da habe ich dann beschlossen, dass ich mit diesen Menschen abgeschlossen habe. Nicht, dass ich wirklich böse wäre, irgendwie kann ich ja verstehen, wie fremd dieser Babykosmos für einen Außenstehenden sein muss. Aber egal wie fremd das für einen ist, als Freundin hätte ich mich mal gemeldet. Und wenn es nur ein »Danke für die Karte« per Mail gewesen wäre.

Also sitze ich hier und hoffe auf baldige Babynachrichten von meinen Liebsten. ;) Es muss ja nicht dieses Jahr sein - aber spätestens nächstes Jahr wäre doch schön. :D

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